leben & lernen

Der Traum meiner Großmutter war es, Schneiderin zu werden. Mein Traum war es lange, Toningenieur zu sein. Beide Träume haben sich nicht erfüllt … Bei meiner Großmutter kam der Krieg dazwischen – und ich habe als Jugendlicher den Aufbau des Betriebs meiner Mutter für Damenoberbekleidung miterlebt. Dadurch lernte ich das Handwerk lieben und ein neuer Traum nahm Gestalt an: der des Damen- und Herren-Maßschneiders…

Meine Ausbildungszeit verbrachte ich bei einem der namhaftesten Damen- und Herren-Maßschneider Deutschlands – Heinz-Josef Radermacher – in Düsseldorf. Bis heute führt Herr Radermacher eine der besten Werkstätten mit herausragenden Schneidermeister*innen.

Bereits während meiner Ausbildung habe ich erste Kontakte zu Musical-Produktionen im Capitol Theater in Düsseldorf geknüpft und als Designer die Kostüme für „Grease“ sowie „Forever Plaid“ gefertigt. Nach meinem Zivildienst habe ich in Stuttgart die Herrenkostüme für das Musical „Die Schöne und das Biest“ genäht und für die Designerin Katja von Rohrscheid Schnitte entwickelt sowie Entwürfe umgesetzt.

Anschließend wurde ich an die Bayerische Staatsoper in München engagiert und konnte mich innerhalb von fünf Jahren vom Herrenschneider über den Ausbildungsleiter bis zum Herren-Gewandmeister entwickeln – letztere Position hatte ich drei Jahre lang inne. In jener Zeit habe ich meine Meisterprüfung für das Damen- und Herrenschneider-Handwerk in München abgelegt und gleichzeitig die Solokostüme für das Musical „Tanz der Vampire“ sowie die Faschingskostüme der offiziellen Münchner Prinzenpaare und deren Garde gefertigt. Damals hatte ich die ersten Aufträge als Kostümbildner: Im Rahmen einer Benefizgala zu Gunsten behinderter Menschen im Müllerschen Volksbad in München war ich für alle Kostüme inklusive Herstellung verantwortlich. Zusätzlich habe ich die Kostüme für Tänzer*innen und Tanzkompanien im Standard-, Latein- und Formationstanz, Modern Dance, Breakdance und Hip-Hop entworfen und geschneidert.

Nach einem halben Jahr Englisch-Intensivkurs war ich bereit für eine neue Wirkungsstätte und wurde für zwei Produktionen nach England, an die Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon als Herren-Gewandmeister engagiert. Eine nette Anekdote am Rande: Der Arbeitsvertrag wurde von Charles, Prinz of Wales, als Generaldirektor des Theaters unterschrieben.

Es folgte ein Abstecher zurück nach Düsseldorf an die Deutsche Oper am Rhein, wo ich für die Kostüme der Balletttänzer, Choristen und Solisten mitverantwortlich war. Anschließend habe ich in Venedig einige Monate lang Italienisch gelernt. Das hat sich für die folgende leitende Tätigkeit in Salzburg als sehr hilfreich erwiesen, da die Zweitsprache vieler Solisten im Opernbereich Italienisch ist.

Ab Juni 2008 durfte ich fünf Spielzeiten lang als Leiter der Herrenschneiderei und erster Herren-Gewandmeister für die Salzburger Festspiele arbeiten. Meine Aufgabe war es, die Entwürfe der Kostümbildner*innen umzusetzen sowie die termingerechte Fertigstellung aller Herrenkostüme für die jeweiligen Opern- und Theaterproduktionen zu planen und zu überwachen – sei es für die Statisten, die Choristen sowie für alle Solisten.

Neben dieser Aufgabe habe ich für die Mitarbeiter*innen der Salzburger Festspiele kostenlos Schnittkurse als Weiterbildungsmöglichkeit veranstaltet. Im Jahr 2010 gründete ich „Become a Tailor“ (ehemals die Gewand-Sammlung) – eine Internet-Plattform für Schneider*innen, Gewandmeister*innen und Interessierte zu den Themen Schnitterstellung, Verarbeitung und Kostümkunde.

Mit der Eröffnung meiner „Gewandmanufaktur“ in Salzburg hat sich im März 2013 ein weiterer Traum erfüllt …